Pressemitteilungen in Zeiten von KI-Journalismus : Warum verlässlicher Input heute wichtiger ist denn je

KI verändert den Journalismus – schneller als gedacht

Die Medienbranche befindet sich im Wandel. Dieser Prozess läuft schon lange, doch generative KI beschleunigt ihn massiv. Immer mehr Redaktionen nutzen Tools wie ChatGPT, Gemini oder Claude. Manche Medienhäuser gehen sogar noch weiter: Die „Welt“ hat kürzlich eine komplette Nachrichtensendung von KI erstellen lassen – inklusive Moderation durch einen Avatar.

Diese Entwicklung wirft neue Fragen auf:
Woher stammen die Informationen, auf denen KI-Texte basieren?
Wer bestimmt, was als Fakt gilt?
Und wie stellen Unternehmen sicher, dass ihre Inhalte korrekt im digitalen Raum ankommen?

Die Antwort ist entscheidend. Denn KI arbeitet ausschließlich mit öffentlich verfügbaren Daten, und das Internet ist heute voller unzuverlässiger Inhalte. Falschmeldungen, veraltete Infos und ungeprüfte Meinungen prägen das Netz. Genau deshalb müssen klassische PR-Instrumente wie Pressemitteilungen neu bewertet werden.

Halluzinierende KIs, unterfinanzierte Redaktionen und brüchige Informationsketten

Die Schwächen generativer KIs beginnen bei ihrer Datenbasis. Sprachmodelle wie ChatGPT oder Claude verarbeiten riesige Datenmengen, können jedoch nicht präzise beurteilen, welche Informationen korrekt und welche falsch sind. Außerdem neigen die auf Wahrscheinlichkeit basierenden Texte immer wieder zu sogenannten „Halluzinationen“, also dem Phänomen, dass die KI-Informationen „erfindet“. So entstehen Texte, die plausibel klingen, aber faktisch falsch sind. Für Unternehmen, Organisationen und Medien birgt das offensichtliche Risiken.

Ein besonders alarmierender Aspekt in der Diskussion um die Qualität von Trainingsdaten ist die gezielte Manipulation durch gesteuerte Desinformationskampagnen. Wie relevant dieses Thema jetzt schon ist, hat eine Analyse der US-amerikanischen Organisation Newsguard ergeben. Deren Ergebnisse legen nahe, dass das russische Propagandanetzwerk „Pravda“ das Ziel verfolgt, generative KI-Modelle systematisch mit Falschinformationen zu füttern. Das Prinzip dahinter: gezielte Datenvergiftung durch sogenanntes „LLM Grooming“. Die eigens dafür konzipierten Websites sind weniger auf menschliche Leser:innen ausgerichtet als auf die Crawler von KI-Anbietern, die Inhalte aus dem offenen Netz sammeln, bewerten und in Trainingsdaten oder Echtzeitsuchen einspeisen.

Im Jahr 2024 allein sollen laut Newsguard auf diesem Weg rund 3,6 Millionen Artikel mit propagandistischen Inhalten veröffentlicht worden sein – in zahlreichen Sprachen. Basis dieser Inhalte ist meist Material aus russischen Staatsmedien oder kremlnahen Influencer-Kanälen. Ziel ist ein Multiplikatoreffekt: Durch häufige Publikation und Verlinkung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass KI-Modelle diese Inhalte übernehmen.

Damit offenbart sich eine grundlegende Schwäche generativer KI: Sie bewertet Informationen nicht ausschließlich inhaltlich, sondern nach statistischer Wahrscheinlichkeit. Häufige Wiederholung und strukturelle Ähnlichkeit machen Desinformation für das System zu „glaubwürdigem“ Content. Und auch wenn KI-Anbieter bemüht sind, ihre Trainingsdaten zu kuratieren, ist das in der Praxis angesichts des riesigen Datenvolumens nur bedingt möglich.

Besonders kritisch wird es bei Echtzeitsuchen, wie sie viele moderne KI-Anwendungen durchführen. Dabei zählen nicht Faktenlage oder journalistische Qualität, sondern Sichtbarkeit, Struktur und Frequenz. Was besonders oft im Netz auftaucht, wird höher gewichtet. Der Wahrheitsgehalt spielt dabei oftmals keine Rolle. Die Bewertungssysteme dafür sind weder transparent noch zuverlässig.

Was aus dieser Entwicklung folgt, ist klar: Je schlechter die öffentlich zugänglichen Informationen im Netz, desto größer das Risiko, dass auch KIs auf dieser Basis falsche, manipulative Inhalte generieren und diese wiederum in neue Texte, Zusammenfassungen und sogar journalistische Beiträge einfließen. Das Internet als Datenbasis steht damit unter strategischem Beschuss und es ist die Verantwortung von Politik, Medien und Unternehmen gleichermaßen, mit hochwertigem, überprüfbarem Content gegenzusteuern.

Gleichzeitig steht der Journalismus jedoch selbst unter immensem wirtschaftlichem Druck. Die Monetarisierung von Online-Content bleibt eine ungelöste Herausforderung, Redaktionen werden verkleinert, Ressourcen sind knapp.

Dennoch steigt der Veröffentlichungsdruck und mit ihm die Versuchung, auf KI-generierte Inhalte zurückzugreifen. Diese Entwicklung beschreibt auch unser Beitrag „Der Journalismus ist tot – es lebe die Kommunikation“ eindrücklich: Journalistische Sorgfalt und Recherche werden zunehmend durch Schnelligkeit und Klicklogik ersetzt. In dieser Gemengelage gewinnen qualitativ hochwertige, gut geprüfte Informationen an strategischer Bedeutung, und genau hier kommt die Pressemitteilung ins Spiel.

Warum die Pressemitteilung aktueller ist denn je

Erst jüngst kam es in den sozialen Medien zu einer Debatte zwischen der Handelsblatt-Journalistin Larissa Holzki und dem PR-Agenturgründer Lukas von Zittwitz die Pressemitteilung sei keineswegs ein überholtes Instrument. Im Gegenteil: Gerade im Zeitalter von KI gewinnt sie an Bedeutung. Denn die Modelle, die heute journalistische Texte erzeugen, greifen längst nicht mehr nur auf redaktionelle Inhalte zurück. Sie scannen Presseportale, Unternehmensseiten und Newsrooms und damit auch jede öffentlich zugängliche Pressemitteilung.

Wer heute eine Pressemitteilung veröffentlicht, adressiert also nicht nur Journalist:innen, sondern auch die Maschinen, die künftig den Diskurs mitprägen. Die PM wird damit zur digitalen Wissensquelle für Menschen und KIs gleichermaßen. Sie ist nicht länger nur Begleitmaterial zu einem Telefonat oder einem Interview, sondern zentraler Teil des Informationsökosystems.

Zudem erfüllt sie eine wichtige demokratische Funktion: Eine gut geschriebene, faktenbasierte Pressemitteilung stellt Informationen breit zur Verfügung – auch für Redaktionen ohne tiefe Fachkenntnis oder große Recherchestärke. Sie schafft einen verlässlichen, zitierfähigen Ankerpunkt. In unserem Beitrag „Warum die Pressemitteilung nicht tot ist“ zeigen wir, welche Rolle die PM auch heute noch spielt: Als Baustein für Narrative, als strategisches Werkzeug der Kommunikationssteuerung und nicht zuletzt als Serviceangebot für den Journalismus.

KI benötigt Qualität, und Qualität beginnt beim Input

In der Diskussion, ob Pressemitteilungen in der aktuellen Zeit noch eine Bedeutung haben, schließen wir uns der Einschätzung von Lukas von Zittwitz an – und das nicht nur, weil wir in der gleichen Branche arbeiten. Sondern weil er recht hat: Die Pressemitteilung ist im digitalen Zeitalter aktueller denn je. Sie ist kein Relikt, sondern ein zentrales Werkzeug zur Gestaltung von öffentlicher Kommunikation – gerade jetzt, da Maschinen anfangen, unsere Texte zu schreiben und auszuwerten.

KI kann nur so gut sein wie die Daten, mit denen sie trainiert wird. Schon jetzt ist sichtbar, wie anfällig KI-Systeme für Desinformation sind und wie gezielt das von politischen Akteuren genutzt wird, etwa durch das „Vergiften“ von Trainingsdaten (Data Poisoning). Die logische Konsequenz: Wir müssen den öffentlichen Raum mit qualitativ hochwertigen Inhalten anreichern. Pressemitteilungen sind dabei ein Mittel unter vielen – aber ein wirksames.

Sie sind kein Allheilmittel. Sie ersetzen keine Recherche, keine Interviews, keine menschliche Einordnung. Aber sie bieten eine belastbare Grundlage für Redaktionen, Leser:innen und KI-Systeme. Und sie sind ein Baustein für ein Internet, in dem Qualität wieder zur Voraussetzung für Sichtbarkeit wird.

Wer das ignoriert, überlässt das Feld den Lauten, den Schnellen und den Unzuverlässigen und das kann nicht in unserem Interesse sein.